Machbarkeitsstudie Bochum

Alternative Nutzungskonzepte für drei Gewerbeimmobilien der Bochumer Innenstadt


Auftraggeber
öffentlich
Standort
Bochum
Zeitraum
2022-2023
Zeitraum
2022-2023
Status
abgeschlossen
verantwortl. Partner
Jan Schulz


Anlass und Ausgangslage
Die Innenstadt bildet den siedlungsräumlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Mittelpunkt der Stadt. Die Bochumer Innenstadt ist stark vom inhabergeführten Einzelhandel geprägt, jedoch in den letzten Jahren durch altersbedingte Geschäftsaufgaben, zunehmende Filialisierung und Trading-Down überformt. Der filialisierte Einzelhandel ist im Vergleich zu den anderen Städten dieser Größe unterrepräsentiert, weshalb die Passantenfrequenz in den letzten Jahren rückläufig ist.

Für zwei bisher gewerblich genutzte und von der Typologie jeweils sehr individuelle Immobilien in der Bochumer Innenstadt (Einkaufszentrum Drehscheibe, City-Passage) sollen Konzepte entwickelt werden, die zur Belebung der Innenstadt beitragen und neue, zukunftsfähige Nutzungsperspektiven – auch jenseits vom klassischen Einzelhandel – aufzeigen. Im Rahmen der Machbarkeitsstudie sollen dafür die zwei Objekte zunächst im städtebaulichen Kontext und auf Gebäudeebene analysiert werden. Ausgehend von den Erkenntnissen der Analyse sollen verschiedene, am Bestand orientierte Nutzungskonzepte entwickelt werden.


Konzeption Drehscheibe – Aufstocken + Umnutzen
Das Hauptaugenmerk des vorliegenden Konzeptes für die Drehscheibe liegt auf der Aufstockung des Gebäudes mit den Nutzungsarten Wohnen und Kinderbetreuung in unterschiedlichen Varianten.
Mit der zweigeschossigen Aufstockung sowie einer Umnutzung von Teilen des darunterliegenden dritten Bestandsgeschossen, das aktuell u.a. Büroflächen und Lagerräume beinhaltet, lassen sich Wohnungen in einem nennenswerten Umfang realisieren. Hierdurch könnte ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der Innenstadt als Wohnstandort geleistet werden.
Der Vorschlag für die Ansiedlung einer Kita als weiterer Nutzungsbaustein ergibt sich aus dem Bedarf nicht nur für die in der Innenstadt Tätigen, sondern auch in dem Maße, wie Wohnnutzungen in dieser zentralen Lage realisiert würden. Die für eine solche Einrichtung notwendigen Außenbereiche ließen sich auf den Dachflächen, zusammen mit einem Dachgarten für die Bewohner:innen realisieren.In einer kleinen ergänzenden Studie wird aufgezeigt, dass die Erhöhung der straßenbegleitenden Gebäudeteile um zwei Geschosse unter Bezug auf die bestehenden Gebäudehöhen in der Nachbarschaft städtebaulich vertretbar erscheint. Die vorgeschlagene Aufstockung setzt die bestehen- den Erschließungskerne und die Tragstruktur des Bestandsgebäudes nach oben fort.

Auf Anregung des Gestaltungsbeirates werden in der Machbarkeitsstudie zusätzlich Umnutzungsoptionen für die Bestandsgeschosse untersucht, obwohl diese derzeit voll vermietet sind und sich in absehbarer Zeit auch kein Leerstand andeutet. Der Gebäudebestand zeichnet sich aufgrund seiner Skelettbauweise durch eine große Flexibilität hinsichtlich der Flächenzuschnitte aus. Bestimmend für die Zonierung sind die große Gebäudetiefe, die Positionen der Fluchttreppenhäuser und die zentrale Lage eines Erschließungsatriums mit Rolltreppen. Thematisch wird ein Mix aus im weitesten Sinne gesundheitsaffinen Nutzungen vorgeschlagen, der auf die bereits vorhandene Arztpraxis im 2. OG Bezug nimmt. Dabei wird unterschieden in Nutzungseinheiten, die entlang der Fassade angeordnet sind, wie Büros und Behandlungsräume sowie nicht natürlich zu belichtende Raumzonen, in denen sich Funktions- und Nebenräume ansiedeln lassen.

Im Erdgeschoss und UG werden zusätzlich Einzelhandels- und Gastronomieangebote vorgesehen. Insbesondere zwischen EG und UG sind teilweise auch zweigeschossige Lösungen und Untervarianten vorstellbar. Die Platzierung von Gastronomie und EH in den öffentlichkeitswirksamen Gebäudeteilen zielt auf die angestrebte Belebung der Bongardstraße und des gesamten städtebaulichen Umfeldes.


Konzeption City Passage – Aufwertung + Sanierung
Die City Passage stellt eine wichtige Ost-West-Verbindung zwischen dem administrativen Zentrum und der Innenstadt dar und soll grundsätzlich in ihrer Funktion erhalten bleiben. Das derzeit problematische Erscheinungsbild muss jedoch verbessert und aufgewertet werden, um die Ak- zeptanz bei allen Nutzergruppen zu gewährleisten. Angesichts der guten Vermietungssituation und sehr heterogenen Bausubstanz ist eine schrittweise bauliche Sanierung und Aufwertung vorstellbar. Hierfür wird mit dieser Machbarkeitsstudie ein umfangreicher und differenzierter Maßnahmenkatalog vorgestellt.

Die Maßnahmen zielen auf eine Verbesserung des Erscheinungsbildes insgesamt, eine „aufgeräumte“ architektonische Formensprache und eine verbesserte Sichtbarkeit der Passage im Bochumer Stadtbild. Im einzelnen wird eine Öffnung und Aufwertung der Eingangssituationen, der Einsatz eines neuen Bodenbelages verbunden mit einer baulichen und energetischen Sanierung der Bausubstanz, eine verbesserte Beleuchtung und eine umfassende Begrünung von Fassaden und Terrassenflächen vorgeschlagen. Basierend auf einer umfangreichen Analyse und Auswertung der vorhandenen räumlichen Qualitäten und Merkmale des Bestandes werden zwei unterschiedliche Nutzungsszenarien entwickelt: die Marktpassage und die Produktionspassage.

Bei der Marktpassage wird das – zum Teil jetzt schon charakteristische – Thema von Gastronomie und Lebensmittelverkauf betont. Wie in einer klassischen Markthalle können kleinere gastronomische Angebote und Lebensmittelläden aus unterschiedlichen kulturellen Sphären die Passage bespielen und einen Anreiz zum Schlendern, Entdecken und Aufenthalt schaffen. Angereichert wird dieses Programm durch kulturelle, soziale und gemeinschaftliche Angebote. Wichtig: In der typischen Profilierung und kleinteiligen Gestaltung besteht keine Konkurrenz zu der zukünftigen Markthalle im Haus des Wissens!

Bei dem Konzept der Produktionspassage steht das Thema der urbanen Produktion im Mittelpunkt: kleine Manufakturen, Industrie 4.0, emissionsarme Handwerksbetriebe, Reparatur- und Upcycling-Angebote sowie produktbegleitende Dienstleistungen und Einzelhandelsangebote beleben die Passage und geben ihr ein Alleinstellungsmerkmal in der Bochumer Innenstadt. Auch hier kann es ergänzende Angebote durch Gastronomie, Büroflächen oder kulturelle Nutzungen bzw. Kombinationslösungen aus unterschiedlichen Nutzungen geben.



Kategorie: Stadtentwicklung // Machbarkeitsstudie
Kooperationspartner:innen: silisight 3D-Visualisierung für Architektur + Design

Team: Johanna Schulte, Viktor Laier, Marie Gunst